Mittwoch, 29. August 2018

Tango à Lewandiwka


Dans la foule que j’observais, deux personnages se démarquaient : une femme élégante et un peu fanée – ou trop maquillée ? –, portant une robe soyeuse qui lui découvrait le dos, et un homme en complet clair, trop coquet pour l’occasion. Ils étaient assis entre des femmes d’âge mûr en jupe, pantalon aux chevilles et sandales, à une tribune de la scène principale du festival de Lewandiwka. La tribune était installée à l’entrée d’un centre jeunesse situé dans un vieux cinéma soviétique repeint aux couleurs nationales ukrainiennes. En la photographiant, j’ai soudain compris : les deux oiseaux colorés étaient les professeurs de la classe de tango annoncée dans le programme que je venais tout juste de consulter.

Donnerstag, 23. August 2018

Interview: "In Lemberg schaut man sich wenig in die Augen"

http://www.kulturforum.info/de/startseite-de/1000057-ueber-uns/1000087-pressespiegel/7791-in-lwiw-schaut-man-sich-wenig-in-die-augen

Dienstag, 21. August 2018

Die Krim-Bar

Einmal war ich schon da, mit Freunden aus Polen. Sie liegt in einer Seitenstraße, unweit von meiner Wohnung. Weil es nur Wein gab, wollte einer der Freunde nicht bleiben. Seit er nicht mehr trinkt, ist ihm das Angebot an Wasser und allerlei Getränken wichtig.

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Ich ging nochmal hin, diesmal mit Marie. Uns behagte die Bar sehr. Sie ist klein, etwas dunkel; die Wand hinter der Theke scheint mit Fässern tapeziert zu sein. Wir setzten uns auf Hocker an einen runden Tisch und bestellten Wein, dessen Name uns fremd war.

Dienstag, 14. August 2018

Der, da oben



Abends auf dem Nachhauseweg hörte ich: „Hey Barbara!“ Ein Bekannter aus Deutschland stand mit ausgestreckten Armen an der Straßenecke. Es war eine schöne Überraschung. Mit seiner Familie tranken wir roten Schnaps und verabredeten uns für den nächsten Morgen an einem Ort in der Altstadt, wo er als Kind gewohnt hatte. 
           In den letzten Wochen habe ich viele Lebensgeschichten gehört. Oft ging es um die Kindheit meiner Gesprächspartner, und um die Balkons der Altstadt, die die Wohnungen einer ganzen Etage in den inneren Höfen verbinden. So sei es auch bei meinem Bekannten gewesen: Als Kind sei er auf den Balkonen des Hauses Fahrrad gefahren und habe mit anderen Kindern gespielt. In den Erzählungen wird dann mitunter erwähnt, dass manche Hausbewohner irgendwann in den 1990er Jahren weg waren. Die Hausgemeinschaft erfuhr, dass sie nach Israel, Deutschland, Kanada ausgewandert waren. Das sei das Ende der Idylle auf den Balkons gewesen. Manche blieben, wie die Mutter meines Bekannten aus Deutschland. Er selbst ist später gegangen. Weg ist er aber doch nicht ganz. Auswandern heißt lange nicht, dass man sich nicht mehr bewegt. Im Gegenteil.* Mein Bekannter, der sich selbst gern „der Lemberger“ nennt, ist mit der Stadt sehr verbunden, identifiziert sich stark mit ihr und beschäftigt Landsleute in seiner Firma an der deutsch-polnischer Grenze.

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Wenn ich mit Menschen in Lwiw zusammenspazieren gehe, bieten sie mir private, inoffizielle Führungen durch die Stadt. Wir trinken meistens zuerst Kaffee und die Wahl des Kaffeehauses sagt mir einiges über den Eindruck, den sie mir vermitteln wollen (intellektuell, „authentisch“, angesagt). Mit dem Lemberger ging es von der Altstadt in nördliche Richtung, links vom alten Marktplatz. Dort gibt es erstaunlich viele Kinderspielplätze. Man muss kein Detektiv sein, um daraus abzuleiten, dass dort jüdische Gebetshäuser und Schulen gestanden haben. Gedenktafel auf ukrainisch und englischweisen darauf hin. Mein Bekannter machte mich darauf aufmerksam, dass das Wort Synagoge von den Tafeln weggekratzt war. Auf meine Frage, ob er selbst schon Erfahrungen mit Antisemitismus gemacht habe, gab er mir aber eine negative Antwort.
Auf seinem Smartphone hatte mein Bekannter Fotos von früher, vor dem zweiten Weltkrieg. Wir versuchten, die geknipsten Orte wiederzufinden. Der Spaziergang führte uns in die Vuhilna-Straße. Als der Lemberger sich anschickte, etwas zu sagen, machte ein Herr vorgerückten Alters die Tür eins heruntergekommenen Gebäudes auf. Nach kurzer Unterhaltung traten wir herein. An den Wänden des Hauseingangs waren Fotos und Plakate geklebt, die auf Projekte, Ausstellungen, Kooperationen eines jüdischen Kulturzentrums erinnern. Es war eine schöne Überraschung.
Es wurde eine Mischung aus Russisch, Ukrainisch und Deutsch geredet. Die zwei Männer kannten sich. Naja, der Ältere kannte die Mutter des Jüngeren. Informationen wurden ausgetauscht, eine Zeitung geschenkt, Postkarten rausgeholt. Zwischendurch wurde rumtelefoniert und Fotos gemacht und ich wusste schon, dass ich mich später auf Facebook wiederfinden würde. So ist es eben in Lwiw – ich will gar nicht kritisch sein. Facebook sei hier etwas Besonderes, Politisches, und wenn hier Katzenfotos gepostet werden, dann oft zum Schutz der Tiere (siehe Die Katzenfrau).
Während die beiden Männer sich unterhielten, inspizierte ich das Gebäude. Während meiner Runde erblickte ich eine schöne Überraschung: die unerwartete, helle, wunderschön heruntergekommene Gebetshalle der früheren Synagoge.
Als die zwei Männer zu mir kamen, erfuhr ich, dass das Gebäude 1844 errichtet wurde, und erst als Gebetshalle, dann als Lager und später als Turnhalle benutzt wurde, bevor es zur Zeit der Perestroika ein Kulturzentrum wurde und 1991 in die Hände von jüdischen Organisationen überführt wurde. Bei aller Dankbarkeit für die Informationen hätte ich gern den Anblick auf die Gebetshalle ein bisschen länger genossen. Es war ein kurzer Moment der Transzendenz, der durch den in der Halle liegenden Krempel noch verstärkt wurde. Dass die Halle, wie die Stadt überhaupt, auf Renovierung wartet, scheint noch zu ihrer besonderen Schönheit und Kraft beizutragen. (Foto: frühere Jakób Glanzer Synagoge)

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Beim Abschied küsste mich der ältere Herr und mein Bekannter machte noch schnell ein Foto. Als wir wieder in den Alltag der Altstadt eintraten, wunderten wir uns über die Überraschungen, die „der, da oben“ – der Lemberger machte einen Zeichnen mit der Hand, ich nickte – auf unseren Weg gelegt hatte. Wir setzten den Spaziergang kurz fort und beendeten ihn, wie er angefangen hatte. Mit einem Kaffee und einem roten Schnaps.


* Wie Anna Xymena Wieczorek in „Migration and (Im)Mobility. Biographical Experiences of Polish Migrants in Germany and Canada“ (2018) veranschaulicht.


Donnerstag, 9. August 2018

About Lviv // Snapshots of Ukraine 🌸


Meine 15-jährige Tochter war zu Besuch in Lwiw!
"About Lviv // Snapshots of Ukraine 🌸", ein Film von Noa Beschorner.

 



Samstag, 4. August 2018

Lemberg ist in Montréal



Wir trafen uns im Café, die Reporterin und ich. Sie fragte nach meinen Eindrücken von der Stadt. Ob die Stadt sich durch ihre Vielfalt kennzeichnete? „Heute ist sie sehr homogen“, war meine Antwort. Sprachlich gibt es eine gewisse Vielfalt, zwischen Ukrainisch und Russisch. Religiös etwa. LGTBT+ und andere Arte von Vielfalt, eher wenig. Die vielen Denkmäler, die überwiegend Männer und Ukrainer darstellen, bekräftigen diesen Eindruck (siehe „Der versteinerte Präsident“ https://stadtschreiberin-lemberg.blogspot.com/2018/06/der-versteinerte-prasident.html).
Die Vielfalt der Stadt scheint vielmehr in der Vergangenheit zu liegen. Nach Lemberg – oder Czernowitz – fährt man nicht hin: Man pilgert dorthin. Die Stadtverwaltung und private Unternehmer haben die Sehnsucht nach der Vielvölkermonarchie offenbar erkannt und geschickt vermarktet. Im Alltag wissen dagegen viele Menschen nichts davon oder sind schlicht mit anderen Sachen beschäftigt. Sie wissen nicht – ich leider auch noch nicht – wer alles in den von ihnen bewohnten Häusern früher gelebt hat. Aus diesem Grund habe ich bis zum heutigen Tag in diesem Blog über Lwiw, und nicht Lemberg, geschrieben.
Dank des hiesigen Museums „Territorium des Terrors“ (Територія Терору), des Centers for Urban History of East Central Europe und anderer Institutionen werden im Sommer Holzwürfel mit Informationstafeln zur Deportation von Juden und anderen Opfern der Nazi-Gewalt an vielen Orten der Stadt aufgestellt. Das ist gut.
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Überrascht war die Reporterin, als ich über die Hutchison-Straße und Montréal, die kanadische Stadt, in der ich lebe, erzählte: Dort spreche ich jeden Tag Französisch und Englisch. Jiddisch höre ich täglich. Es ist die Sprache der Chassidim, die in großer Zahl in der Straße und deren Umgebung wohnen. Viele ihrer Vorfahren sind am Ende des 19. Jahrhunderts aus dem heutigen Belarus, der Ukraine und Russland gekommen.
Als ich meine Polnischlehrerin in Montréal – eine ältere Dame aus Schlesien – fragte, wie ich mir multikulturelle Städte Mittel- und Osteuropas vor dem Krieg vorstellen sollte, antwortete sie: „Sie brauchen sich nur hier im Viertel umzuschauen.“ Sie hatte recht: Im Alltag wechselt man oft die Sprachen, mal mit einer gewissen Unsicherheit, mal absolut ohne Hemmung. Ähnlich ist es mit der Geschichte der Gotteshäuser: Es gibt viele Synagogen, Tempel und Kirchen – das ukrainische Kulturzentrum meines Viertels war mal eine katholische Kirche, dann eine Synagoge. Seine Räume beherbergen heute eine jüdische reformierte Gemeinde.
In Montréal ist die Vielfalt Alltag, d.h. gelebt und insofern neu, und auch ein bisschen in der Vergangenheit geblieben. Musikalische und literarische Beispiele kann man anführen. So Paul Kunigis. Er ist Sänger und Musiker. Er bezeichnet sich als „katholischer Montrealer polnischer Herkunft, der jüdische Wurzel hat und in Israel groß geworden ist“ (https://paulkunigis.com/).* Er mischt Klezmer mit französischen Chansons und orientalischen Klängen. Seine Musik hat mit dem heutigen Polen oder Israel nicht viel zu tun. Das ist ihm bewusst. In Montréal hat er sein Publikum gefunden.
Wenn man die Stimmung der Romane von Joseph Roths sucht und sich dafür interessiert, was daraus geworden ist, dann sollte man Montréal besuchen.


*„Un montréalais catholique d’origine polonaise, d’ascendance juive, élevé en Israël dans un pensionnat dirigé par des frères jésuites français, je me suis retrouvé dans le pays de mon enfance en train d’enregistrer une chanson d’un juif polonais anglophone, de Montréal, descendant de la même ville que mon père, Vilnius en Lituanie, que j’ai traduit et adapté en français avec des arrangements à ma sauce, moyen/orientaux.“